Advent, Advent -
ein Lichtlein brennt
Die Adventszeit ist angebrochen und mit ihr öffnet Dresdens
Striezelmarkt wieder seine Pforten. Ganz bescheiden begann 1434 der nur
eintägige städtische Markt und mauserte sich über die Jahrhunderte zu
einem der traditionsreichsten und beliebtesten Weihnachtsmärkte
Deutschlands, der jährlich viele Besucher in die sächsische
Landeshauptstadt lockt.
Jedes Jahr führt der Striezelmarkt mehr als 250 Händler
und Schausteller nach Dresden, die ihre Waren an verschiedenen Plätzen der
Stadt, vornehmlich auf dem Neustädter Markt zu Füßen des Goldenen Reiters
August des Starken, im Stallhof und auf dem Altmarkt feilbieten und dem Ruf
des Weihnachtsmarktes als Aushängeschild traditioneller Volkskunst gerecht
werden. So gibt es in erster Linie erzgebirgische Holzschnitzkunst zu
bewundern und natürlich zu erwerben, wie Engel, Bergmänner,
Räuchermänner, Pyramiden und Schwibbögen sowie Holzspielzeug aus der
traditionsreichen Fabrik in Seiffen. Aber auch der Herrnhuter
Weihnachtsstern erfreut sich großer Beliebtheit und natürlich die
Glasbläserkunst aus der Lausitz.
Neben Weihnachtsmann und Adventskalender, der jeden Tag eine
Überraschung bereit hält, der großen Lichtertanne im Zentrum des Marktes
auf dem Altmarkt vor der Kreuzkirche bestimmt die große Weihnachtspyramide
das Bild, die 1999 sogar als größte Pyramide ins Guinnes Buch der Rekorde
aufgenommen wurde.
Wer genüßlich über den Striezelmarkt schlendert,
Kräppelchen, Lebkuchen aus der Pfefferkuchenstadt Pulsnitz, Glühwein,
kandierte Früchte und gebrannte Mandeln genießt, wird früher oder später
von einem kleinen Mann angelacht - dem Pflaumentoffel, einem kleinen
Glücksbringer aus Backpflaumen. Der Dresdner Pflaumentoffel ist den kleinen,
oft erst sieben Jahre alten Schlotfegerjungen mit Umhang und Leiter
nachgebildet, die mit ihren Kehrbesen in die Kamine kletterten, um diese von
innen zu reinigen. Als sich die Reinigung der Feueressen mit dem Ableinbesen
durchgesetzt hatte und die Schornsteinfegerlehrlinge mindestens 18 Jahre alt
sein mußten, veränderte sich auch der Pflaumentoffel. Er trug fortan nur
noch eine Leiter, einen Zylinder und statt des Umhangs eine goldene
Halskrause. So lacht er uns auch heute noch an, von einem der Eingangstore
des Striezelmarktes und von diversen Ständen.
Im Mittelpunkt des Striezelmarktes aber steht der Original
Dresdner Christstollen, der dem Markt auch seinen Namen gab. Mit "Striezel"
oder "Struzel" verband sich im mittelhochdeutschen Wortschatz ein
Hefegebäck in länglicher, teils auch geflochtener Form, das wahrscheinlich
an das in Windeln gewickelte Kind der christlichen Weihnachtsgeschichte
erinnern soll. In einigen sächsischen Städten wurde dieses "Christbrot"
wegen seines wulstartigen Körpers auch "Stollen" oder
"Christ-Stolle" genannt. Im Laufe der Zeit wurden die Backzutaten
verfeinert und von Generation zu Generation weitergegeben, wobei sich die
Bezeichnung Christstollen durchsetzte. Noch heute bewahren Bäcker und
Heimbäcker ihre Rezept.
Höhepunkt des vorweihnachtlichen Treibens ist das
Stollenfest am zweiten Advent. Jedes Jahr backen Mitglieder des
Schutzverbandes Dresdner Stollen e.V. einen ca. 3.000 kg schweren
Riesenstollen. Dieser wird nach einem Umzug durch die Altstadt von einem
Bäckermeister mit einem 1,6 m langen und 12 kg schweren Stollenmesser
angeschnitten. Nachdem der Oberbürgermeister das erste Stück verkostet
hat, wird der Stollen für einen guten Zweck stückchenweise verkauft.
Natürlich hat dieses Stollenfest seinen Ursprung bei keinem
geringeren als August (II.) dem Starken, Kurfürst von Sachsen und König
von Polen. Dieser gab 1730 eine großes Lustgelage, zu dem mehr als 20.000
Gäste geladen waren. Als Höhepunkt der weltlichen Lustbarkeit
präsentierte der Dresdner Bäckermeister Zacharias einen fast 1,8 Tonnen
schweren Riesenstollen. Dieser war von 100 Bäckermeistern und
Bäckergehilfen in einwöchiger Arbeit vorbereitet worden. Gebacken wurde er
in einem eigens vom Hofbaumeister Pöppelmann errichteten Ofen. In einem
feierlichen Konvoi wurde der Stollen von acht Pferden durch die Stadt an den
Tisch des Königs gezogen und dort mit dem Stollenmesser, das eigens für
dieses Fest gefertigt worden war und das heute in einer Nachbildung zum
Anschnitt verwendet wird, angeschnitten.
Tradition und Geschichte bestimmen das Bild des Dresdner
Striezelmarktes. Das macht ihn so einzigartig und beliebt.
Ich
wünsche allen Lesern von Echo Germanica ein besinnliches Weihnachtsfest.
~
Antje Steiger ~
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