Das Indianermuseum Zürich |
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von Paul-Bernhard Berghorn
Zürich im April 2006 Befindet sich der Reisende oder auch der Tourist in einer fremden ( Welt ) Stadt, so steuert er meist die grossen, bekannten Museen dieser Urbanität an und nicht selten bleibt da nicht die Zeit für die kleinen, aber musealen Perlen einer Stadt. Von einem solchem Museum, eine Zierde für die Stadt Zürich und weit darüber hinaus soll hier berichtet werden. Es ist das Indianermuseum oder wie es richtig auch heisst Nordarmerika Native Museum ( NONAM ). Dieses Museum hat seinen Grundstock dem Zürcher Lehrerpaar HOTZ zu verdanken, welche ihre Sammlung 1961 erstmals der Öffentlichkeit vorstellte. Das Berliner Völkerkundemuseum war daraufhin an der Übernahme dieser Hotz-Sammlung sehr interessiert. Durch den Einsatz des Journalisten Jacob R. Welti von der Neuen Zürcher Zeitung aber, konnte die Stadt Zürich überzeugt werden diese Sammlung zu kaufen. Sie wurde zunächst in drei Klassenräumen eines Schulhauses( ! ) öffentlich gezeigt, bis sie dann endlich im Januar 2003 einen neuen und würdigeren Ort erhielt, nämlich ein eigenes, helles und rollstuhlgängiges Gebäude, in direkter Zürichseenähe an der Seefeldstrasse 317 in Zürich. Die heutige Sammlung umfasst ungefähr 2000 Objekte, sowie eine wertvolle Kollektion kolorierter Stiche des legendären Indianermalers Karl Bodmer, dem im Museum selbst ein eigener Raum gewidmet ist. Darüberhinaus verfügt das Museum über eine repräsentative Fachbibliothek, welche zu Studienzwecken benutzt werden kann. Natürlich kann der interessierte Besucher im Museumsshop eine weitgefächerte Auswahl an Bücher – auch glänzend gestaltete Kinderbücher zu diesem Thema – so wie Musik CDs erstehen. Zusätzlich werden Poster, Schmuck, Kleidung, signierte Lithographien und hochwertiges indianisches Kunsthandwerk angeboten, wobei die meisten Objekte bei den Künstlern direkt eingekauft werden. Die zuvorkommende und sehr freundliche Art sowie das Engagement der Mitarbeiter, mit dem der Besucher empfangen wird, ist höchst angenehm und vorbildlich. Für Kinder steht in den Ausstellungsräumen Malmaterial zur Verfügung und eine gutgestaltete Tonbildshow die für jung wie alt informativ und anregend ist, runden das durchweg positive Bild dieses Museums ab. Nun was zeigt die Dauerausstellung des Indianermuseums: Es sind absolut nicht die Klischee-Objekte, die der Besucher vielleicht erwartet. Wer Western–Romantik erhofft, wird schnell merken, dass dies nicht das Anliegen der Sammlung ist. Die ausgestellten Exponate nähern sich auf subtile wie eindrucksvolle weise dem reichhaltigen Alltagsleben der First-Nations. Es wird gezeigt aus welchen Pflanzen, Mineralien und anderen Materialien die IndianerInnen die Farbe gewannen womit sie Ihre Kleidung und andere Gegenstände färbten bzw. verschönerten. Es werden Kleidung und Federkopfschmuck natürlich drapiert und erfahr gemacht. Der Besucher kann ein Original-Kanu bestaunen und sieht, wie grossartig dies konstruiert und gebaut ist. Obwohl gross, wirkt es doch erstaunlich leicht und beweglich. Ebenso eindrucksvoll sind die zahlreichen Felle jener Tiere die den Indianern Lebensgrundlage waren und dem Weissen Mann ein überaus lohnendes Geschäft wurden. Sieht einen kunstvoll gestalteten Löffel aus Büffelhorn und staunt wie kräftig ein Bison gewachsen ist. Das weibliche Publikum fragt sich intensiv wie die Indianerinnen derart kunstvoll ihre Kleidung applizieren konnten und fühlt geradezu die herrlich bestickten weichsohligen Mokassins und ist berührt von der Erfindungsgabe mit der sie einen vielfarbigen und musterreichen Gürtel weben. Nicht zu vergessen der schlichte, aber darum um so wirkungsvollere Schmuck aus Silber und Türkisen wie Ringe und Armreifen, Gürtel, Broschen, dazu Halsketten aus Muschelscheibchen oder Korallenperlen. Kinder bleiben lange vor der Vitrine der langstieligen Tabakpfeifen und den eleganten Pfeilbeuteln stehen. Beides haben sie ja schon mal im TV gesehen, nur sei das hier viel schöner gearbeitet. (Hollywood ist eben doch nicht das Mass aller Dinge...) Vergessen werden soll auch nicht die Vielzahl kunstvoll geflochtener Aufbewahrungsbehälter für Lebensmittel und andere den First Nations wichtigen Dingen. Beschliesst der Besucher den Rundgang so stellt er (je nach Vorkenntnissen mehr oder weniger) erstaunt fest, wie reich und kunstfertig das Alltagsleben der First Nations einst war. Es ist die Kultur und Kunst die sich im < Kleinen > Artefakt offenbart, ihrer Fähigkeit der Mobilität, die ja auch somit Ausdruck der Lebensweise der Indianer war. In diesen Artefakten drückte sich nicht nur die enorme Kenntnis aus, die überreichen Quellen der Natur zu nutzen, sondern sie so zu nutzen, dass die Natur nicht Schaden nimmt; Achtung in einem geradezu selbstverständlichen Sinne.- Der grosse und wichtige Bereich der Mythen der First-Nations - wobei in dieser Dauerausstellung auch die Kultur und Kunst der Inuit mit gezeigt wird – kommt z.B. in den Holzschnittarbeiten zum Ausdruck wie Raben- und Sonnenmasken oder Zeremonialhut und Tanzrassel. Und noch etwas fällt dem aufmerksamen Besucher, der schnell zum Betrachter wird, auf: Die First –Nations waren nicht vom Wahn der Effizienz, des Profit befallen, hatten eine andere – bewunderungswürdige – Zeitvorstellung. An den „Detailes„ ist dies erkennbar. Ist schon die Kleidung der Indianer mit ihren Farben und Applikationen zeitaufwendig, so wird dies noch deutlicher, wenn man sich die wunderschön mit unzählig farbigen Glasperlen bestickten Mokassins sich ins Gedächtnis ruft. Der ahnungsvolle Gedanke, dass Zeit in anderen Kulturen anders empfunden wird, zeigt sich dann exemplarisch in der ausgestellten Kindertrage für Säuglinge und Kleinstkinder, welche mit 130.000 ( hunderddreissigtausend ) Glassperlen bestickt ist. Dies zeigt die Zeitdimension wie die Kunstfertigkeit dieser Völker, aber auch was Kinder für sie bedeutet hat! Wie profan und nüchtern wirken da unsere modernen, auf Funktion reduzierten Kinderwagen. Der Vollständigkeitshalber muss noch ein Wort zu dem eingangs erwähnten Zürcher Indianermaler Karl BODMER gesagt werden. Denn kennt man die Geschichte dieser seiner kolorierten Stiche, so erhalten sie neben der künstlerischen - noch eine zusätzlich interessante anthropologische Qualität- und ergänzen die Ausstellungsobjekte aufs vortreffliche. Denn die gesehenen Einzelstücke kann man auf den Zeichnungen des Karl Bodmers nun in einem Alltagszusammenhang erkennen, sie bekommen neben dem intellektuellen Verstehen der Ausstellung nun eine emotionale Lebendigkeit! Bodmer, 1809 in Zürich geboren, absolvierte seine künstlerische Ausbildung bei Joh.Jac.Meier, einem Schüler des Schweizer Malers Heinrich Füssli. Der deutsche Prinz Maximilian zu Wied war auf die Arbeiten Bodmers aufmerksam geworden und engagierte ihn für seine Reise nach Nordamerika. Zu vor war der Aristokrat zwei Jahre lang (1815-17) in Brasilien gewesen. Die Reise, an der der 22jährige Zürcher teilnahm, dauerte von 1832-34, und führte sie über den Ohio River und den Mississippi hin zum Missouri in das heutige Wyoming/Montana. Auf dieser Reise die nicht ungefährlich war und Strapazen mit sich brachte , zeichnete Bodmer das Leben der First Nations, darüber hinaus Landschaften und Tiere sowie Indianerporträts. Zurückgekehrt veröffentlichte der Prinz seinen umfangreichen zweibändigen Reisebericht ergänzt durch einen Bildatlas mit den kolorierten Stichen Bodmers. Dieser Druck war so aufwendig und von solch grosser Qualität, das er als Meilenstein in der Buchdruckkunst gilt - jedoch finanziell ein Misserfolg wurde. Die aufkommende Photographie liess dann aber Bodmers Werk vergessen, bis 1948 der deutsche Anthropologe Josef Röder die Originale in der Neuwieder Schlossbibliothek wiederfand. Heute ist der Grossteil der Originale im Joslyn Art Museum von Omaha/ Nebraska/ USA und ca. vierzig Skizzen und Aquarelle besitzt die Newberry Library in Chicago. In den letzten Jahren sind einige bemerkenswerte Bücher und Reprinte mit den Indianermalereien des Karl Bodmer erschienen. Dies hätte sich der Künstler selbst wohl nicht träumen lassen, der Europa nie mehr verliess und fast vergessen und verarmt in Paris 1893 starb. Um so bemerkenswerter ist das Indianermuseum Zürich über eine beachtliche Zahl von diesen kolorierten Kupferstichen besitzt und diese so in wechselnder Folge der Öffentlichkeit zugänglich machen können. Diese friedlichen Reisenden wie Alexander von Humbold, Prinz Maximilian zu Wied oder Karl Bodmer haben uns ein unerschöpfliches und hochwertvolles Erbe zur Wahrung hinterlassen. Es ist achtenswert, dass diese Reisenden private finanzielle Mittel, persönliche Strapazen auf sich nahmen, um andere Menschen, andere Kulturen kennen – und verstehen zu lernen. Dem Indianermuseum ist es zu danken, dass es sich dieses Erbe sorgsam und engagiert annimmt und dem Bemühen und vertieften kennenlernen der First Nation Ausdruck verleiht. Nicht „nur" durch die sehenswerten Artefakten und Alltags- und Zeremonialgegenstände, sondern auch durch lebendige Vermittlung in Form z.B. von Lesungen, Vorträge, Führungen und auch durch intensives Vermitteln der Gegenwart, etwa durch Ausstellungen zeitgenössischer indianischer Künstler, z.B. aus dem Yukon / Kanada. Davon mehr in der nächsten Ausgabe von ECHOWORLD / ECHO GERMANICA-TORONTO Abschliessend sei erwähnt, dass das Nordamerika Native Museum ( NONAM ) mit anderen Institutionen kooperiert, so mit dem Völkerkundemuseum der Universität Zürich, das Linde–Museum Stuttgart (D), mit dem Internationalen Komitee für die Indianer Amerikas ( Incomindios ), der Interessengemeinschaft für indianische Kultur (Amerindias) und dem Economic Development for Amerindians (EDAI). Wie das Museum auf seiner gut gestalteten Website mitteilt, ist es Dank der Unterstützung der Kanadischen und US-Amerikanischen Botschaft möglich, nun mehr indigenen Künstlerinnen und Künstler eine Platform im Museum bieten zu können. Einige weiterführende Informationen. Indianermuseum Zürich / Nordamerika Native Museum / Indianer & Inuit Kulturen Anschrift: Seefeldstrasse 317: www.nonam.ch Bücher Indianer Museum , Prestel Museumsführer , Prestel Verlag, München – New York, 1996 ( mit vielen farbigen Abbildungen ) Karl Bodmers North American Prints By Brooks Joyner, Ron Tylar, Brandon K. Ruud ISBN 0-80321-326-3 Published by: UNIV OF NEBRASKA PR, 05.2004 ( This book contains 431 illustrations, most color , which reflect the updaiting of Bodmers documenting process, and essays and appendices elucidating all aspects of the process.) Burnham, Dorothy K., To Please the Caribou. Painted Caribou-Skin Coats worn by the Naskapi, Montagnais and Cree Hunters of the Quebec-Labrador Peninsula, Royal Ontario Museum, Toronto 1992
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