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September 2002 - Nr. 9

 

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Antje Steiger

Wasser, nichts als Wasser

Hätte mir vor drei Wochen jemand gesagt, dass Dresden von einer Jahrhundertflut heimgesucht wird, ich hätte ihn für verrückt erklärt. Wer konnte schon ahnen, dass so etwas auf uns zukommen wird - 9,40 m Höchststand – nachdem das letzte Jahrhunderthochwasser der Elbe um 1845 mit 8,77 m schon mehr als hoch war…

Und eigentlich war die Elbe nur das langsam und stetig steigende „Ende" einer fürchterlichen Wasserflut.

Es begann mit dem Regen, der am Abend des 11. August einsetzte. Es schüttete förmlich aus allen Wolken und wollte bis Dienstag nicht wieder aufhören. Mancherorts fielen über 200 Liter pro Quadratmeter in nicht einmal 48 Stunden.

Diese unheimliche Wassermenge ließ binnen kürzester Zeit die kleinen Flüsse und Bäche, wie die Weißeritz, ein Zufluss der Elbe, zu reißenden Strömen werden, die alles niederwalzten, was sich ihnen in den Weg stellte. Und verheerend ist das, was die Flut hinterließ – kaputte Strassen, unterspülte Straßenbahn- und Zuggleise, eingefallene Fußwege, eingestürzte Häuser, weggerissene Häuserteile, umgeknickte Straßenschilder, überflutete Geschäfte…vernichtete Existenzen, Menschen auf der Flucht vor dem Wasser. Ein Krieg könnte nicht schlimmer sein.

Plötzlich war nichts mehr „normal", alltäglich. Der Weg zur Arbeit wurde zur Farce, das öffentliche Nahverkehrsnetz brach fast in sich zusammen, da Brücken weggespült und Straßen sowie Gleise nicht mehr befahrbar waren. Der Schulunterricht wurde abgesagt. Und jeder, der helfen konnte und wollte, machte sich an die Arbeit.

Als sich die erste Schockwelle der Weißeritz gelegt hatte, kam die nächste Hiobsbotschaft: die Elbe begann unaufhörlich zu steigen. Sie verschluckte die Elbwiesen, angrenzende Straßenzüge, Kulturgüter wie die Semperoper, den Zwinger, Schloss Pillnitz, die Frauenkirche und überflutete ganze Stadtteile und flussnahe Städte, wie Meißen und Pirna. Sie bedrohte die Elbbrücken, so dass sie für den Verkehr gesperrt werden mussten. Jeder neue Morgen begann mit der bangen Frage: Ist der Scheitelpunkt endlich erreicht? Doch aus Tschechien kam noch immer keine erfreuliche Nachricht. Der Pegel steigt weiter, so hieß es jeden Tag aufs Neue. Und man konnte nichts anderes tun als abwarten und versuchen dem Schlimmsten auf das menschenmöglichste zu begegnen. So wurden unaufhörlich Sandsäcke gefüllt und gestapelt, Menschen evakuiert – abertausende.

Am Samstag, den 17. August kam dann endlich die erleichternde Meldung: Der Höchststand von 9,40 m ist erreicht, der Pegel beginnt zu sinken. Noch immer herrscht Ausnahmezustand, Sirenen heulen, Hilfskräfte, wie das Technische Hilfswerk und die Bundeswehr bevölkern die Stadt und die Aufräumarbeiten sind in vollem Gange. Natürlich wird es noch lange dauern, bis das Leben von einst wieder Gegenwart sein wird. Der sächsische Landtag wird noch bis Anfang nächsten Jahres mit der Schadensbeseitigung beschäftigt sein. Die Semperoper und die Gemäldegalerie der Alten Meister im Zwinger werden ihre Pforten erst im kommenden Jahr wieder öffnen. Viele Häuser in den am schlimmsten betroffenen Stadtteilen müssen abgerissen, Existenzen neu aufgebaut werden. Viele Menschen stehen vor dem Nichts, da sie von heut auf morgen ihr Heim verlassen mussten und alles verloren. Der öffentliche Nahverkehr wird noch eine ganze Weile mit einem Notnetzplan auskommen und die Deutsche Bahn einen Großteil ihres Bahnnetzes erneuern müssen.

Und doch kehrt jeden Tag ein bisschen mehr Normalität ein. Eine Brücke nach der anderen wird für den Verkehr frei gegeben, die Evakuierten dürfen zurück in ihre Häuser, die Geschäfte öffnen wieder ihre Pforten und der tägliche Verkehrsstau weicht wieder dem normalen berufsbedingten Verkehrsaufkommen. Aber der auf den Straßen liegende Staub und Dreck wird noch eine ganze Weile zu sehen sein. Und auch die sich vor den Häusern und Geschäften stapelnden Müllberge türmen sich noch zuhauf, auch wenn sie nach und nach kleiner werden. Der Gestank des Mülls und der feuchten Keller weicht langsam einem starken Geruch nach Desinfektions- und Reinigungsmitteln.

So schnell, wie das Wasser kam verschwand es auch wieder. Es hinterließ ein trauriges Bild der Zerstörung aber auch ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen.

Antje Steiger
Dresden, den 27. August 2002

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