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Antje berichtet |
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Auf einer neuseeländischen SchulbankEines Tages erreichte mich die Bitte einer Lehrerin einen Tag mit ihr und ihren Schülern im Deutschunterricht zu verbringen. Diese Bitte konnte ich ihr natürlich nicht abschlagen und so lernte ich neben der wundervollen neuseeländischen Natur und meinem juristischen Arbeitsumfeld die Atmosphäre einer Privatschule kennen. Sie arrangierte, dass mich der Schulbus von dem Ort, an dem ich wohnte, abholte. Eine Fahrt mit einem Schulbus – darauf war ich sehr gespannt. Als ich zur Schule ging, gab es keine Schulbusse. Ich konnte die ersten zehn Jahre zur Schule laufen, nach meinem Schulwechsel musste ich dann mit einem öffentlichen Bus fahren. Ich freute mich sehr auf diese Gelegenheit, da ich Schulbusse, vornehmlich gelbe, nur aus amerikanischen Filmen kannte. Ich erhielt also genaueste Anweisungen, an welcher Haltestelle der Bus warten würde, welche Farbe und Nummer er hat und wie die Uniform der Schüler aussieht. In Neuseeland tragen alle Schüler eine Uniform, so ist es ein Leichtes zu erkennen, auf welche Schule sie gehen. Als ich an diesem Morgen zur Haltestelle kam, standen dort tatsächlich vier verschiedene Busse. Nachdem ich meine Mitfahrgelegenheit gefunden hatte, öffnete der Busfahrer hocherfreut die Tür und begrüßte mich mit „Guten Morgen, mein Name ist Jack." Da war ich natürlich buff, so eine herzliche Begrüßung hatte ich nicht erwartet. Er habe auf mich gewartet und freue sich sehr, dass ich heute sein Passagier sein werde. Ich setzte mich in seine Nähe und wir unterhielten uns sehr angeregt in einem Gemisch aus Deutsch und Englisch. Wir verabredeten, dass er mich als eine neue Lehrerin vorstellen werde, damit die Schüler erst gar nicht auf dumme Gedanken kommen können. Dann trafen auch schon die ersten Schüler ein. Sie staunten natürlich über den seltenen Besuch und löcherten mich, nachdem sie ihre erste Scheu überwunden hatten, mit Fragen. Während unserer Fahrt stiegen hier und da noch einige Schüler der unterschiedlichsten Klassenstufen zu und Jack kannte sie alle mit Namen. Er erzählte mir auch das eine oder andere über die Schüler, vor allem, wer morgens grillig ist und wer gern seine Sachen im Bus vergisst. Alles in allem war diese Fahrt sehr interessant. In der Schule angekommen, staunte ich erst einmal über die Struktur der Schule. Sie ist sehr großflächig angelegt mit viel Grün zwischen den einzelnen Gebäudekomplexen. Die Gebäude bestehen aus mehreren Räumen, die miteinander verbunden und nur von außen zu betreten sind. Und natürlich sind die Gebäude alle aus Holz und verfügen nur über das Erdgeschoss. Unsere Schulen in Deutschland bestehen hauptsächlich aus einem einzigen mehrgeschossigen Gebäude. Der Unterrichtsraum, in dem die Klasse schon auf mich wartete, war gefüllt mit Informationen über Deutschland. An den Wänden hingen eine große Karte sowie verschiedene selbst gestaltete Wandzeitungen, die sich mit Deutschland beschäftigten. Die erste Klasse an diesem Tag fing gerade an, deutsch zu lernen. Sie machten Sprachübungen und Vokabeltests. Ich beobachtete alles interessiert und wurde dann gebeten, etwas über meine Heimat zu erzählen. Wir begannen zu erst gemeinsam meine Heimatstadt Dresden auf der Karte zu suchen. Und dann erzählte ich in einem wilden Mix aus deutsch und englisch etwas über meine Heimat, über Könige und alte Geschichte...Diese Schüler waren unheimlich aufgeweckt und wissbegierig. Sie bombardierten mich förmlich mit Fragen, was mich sehr angenehm überraschte, da Deutschland bekanntermaßen unendlich weit weg ist. So verging die Zeit bis zur Frühstückspause unendlich schnell. Die Lehrer trafen sich in dieser Pause im Lehrergebäude in einem großen Speisesaal und es gab gratis Kaffee, Tee oder Kakao. Ich nahm am Tisch der Sprachlehrer Platz und stellte fest, das dies ein wirklich internationales Team ist. So unterrichten unter anderem eine Französin, ein Spanier und eine Deutsche. Zum Mittag hatte sich meine Gastgeberin etwas besonderes einfallen lassen. Sie hatte in ihrem Klassenzimmer ein deutsches Essen mit Laugenbrezeln (von einem deutschen Bäcker in Auckland), Pumpernickel, sauren Gurken und Käse organisiert. Dazu hatte sie alle deutschen Austauschschüler und die Klasse eingeladen, mit der sie im April nach Deutschland fuhr, um unter anderem auch Dresden zu besichtigen. Und es überraschte mich keineswegs, als sie eine Fahne des Freistaates Bayern auspackte und diese als Tischdecke auf dem Tisch ausbreitete. Ohje, dachte ich, vor uns Nichtbayern liegt noch eine große Aufgabe, der Welt mitzuteilen, dass Deutschland nicht nur Bayern, Bier, Brezeln und Würste ist. Die letzte Unterrichtsstunde mündete in eine deutschsprachige Diskussionsrunde über den Umweltschutz. Eine wirkliche Herausforderung für die Abschlussklasse, die immerhin schon seit sechs Jahren deutsch lernt. Ich genoss diesen etwas anderen Tag sehr und stellte fest, dass unabhängig von der Schulstruktur der Unterricht sich kaum von meinem früheren Unterricht unterschied. Es war schön, etwas in die Vergangenheit zu reisen und einmal wieder die Schulbank zu drücken. Antje Steiger
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