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February, 2005 - Nr. 2

 

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Erfahrungen eines Reisenden

  Kanada - durchaus ein Traum für den platzgeplagten Europäer, der hochzivilisiert sich kultiviert oder schlitzohrig durch die Dschungel der Verbote navigiert!

Denn in Europa ist - schon fast mehrheitsfähig - man der Ansicht, dass die Anzahl der steigenden Verbote Ausdruck tiefer, kultivierter Freiheit sei, zugegeben manchmal lästig werdend, aber doch bitte, wenn nicht auch jedes Verbot gerade intelligent ist, so doch meistens traditionell bestimmt!

Oh ja - da reist man doch gern nach und durch Kanada! Wohl wissend dass es da anders ist als in der Alten Welt - ganz sicher auch weniger amerikanischer! Das soll nicht Kritik sondern den Tatbestand des Faktischen akzentuieren!

Und schon bin ich in unserer Reise - Ankunft Toronto, viel darüber gelesen, logisch, und doch obwohl geistig vorbereitet, sagt die Emotion - ja, ist ja ganz anders als erwartet- und das ist auch gut so, denn darin liegt ja wohl der Reiz des Reisens! Hochhäuser, die auch wirklich sind, Banken reihen sich geradezu inflationär auf, von Zürich kommend, wo man so was doch kennen sollte, ja hier zeigt man seine Dividende! Das Hotel genau so hoch wie die Banken!

Die Tage in Toronto fliegen dahin, der Campus der Universität (hier hätte ich studieren sollen und wollen), der Funkturm, das Villenviertel von englischen Understatement geprägt, aber doch unübersehbar - so wollten es wohl auch die Bauherren. Schulkinder in Uniform - sind Kinder wie überall auf der Welt!

Toronto, obwohl vier Millionen Einwohner, wirkt für den oben geschilderten Europäer, der selbst aus einer Finanzmetropole hergeflogen ist, geradezu unhektisch, sehr angenehm! Ja Multikultur - nicht selten in Europa ein Schimpfwort, hier in Toronto ist sie da - unausweichlich mit dem Anflug von Heiterkeit. Zugegeben - wer das englische Schulenglisch gelernt hat, bekommt schon anfängliche Mühe die multikulturellen Kanadier zu verstehen. Und die Fragilität des Wortes, der Sprache wird einem dort schnell bewusst, oft ist ein Blick, ein Lächeln verständlicher.

Nun in Begleitung meiner charmanten wie attraktiven Brasilianerin falle ich dort nicht auf - oder doch? Sagen wir an der Ostküste nicht!

Parlamentsgebäude von Quebec  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]Es geht weiter nach Quebeck - welch pittoreske Stadt, französischer Flair, Musik, ja in Downtown spielt ein Musiker Bachs Präludien auf Konzertgitarre, da darf der Café creme nicht fehlen. Blumen überall - auch an den den Strassenlaternen. Ja hier weht europäisches Sein mit kanadischer Weite zusammen, der Duft des Lorenzstromes, erste französische Pelzhändler, ja Tradition, die Freiheit geniessend iQuebecs Altstadt  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]m Winter fürchterlich zu frieren. Nun, wir hatten kühles aber doch sonniges Wetter im September, das Farbenspiel der Bäume spielte die Indiansummer-Overtüre!!! Von C- nach Es Dur modulierend.

Paul-Bernhard Berghorn mit Montreals Olympiagelände im Hintergrund  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]Montreal - französischer Mittelpunkt des zweitgrössten Landes der Welt. Und Welt auch hier, multikulturell mit dem Akzent des Besonderen in diesem Lande. Aber doch weit angenehmer als Paris, französische Downtown Montreal  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]Eleganz paart sich mit britischer Ironie. Dies neben den imposanten Kirchen und Bauwerken ein Charme, der im Gedächtnis bleibt. Der Himmel weinte als wir zum Vor der Kathedrale von Montreal  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]Flughafen fuhren - Stau, auch hier denkt man, also nicht nur in Paris, Zürich, Frankfurt, - es wäre doch auch kaum auszuhalten, wenn bei all diesem nicht doch mindestens eine europäische Unsitte über den Atlantik mitgekommen wäre.

Flughafen Montreal - was fällt auf: gesegnete Kunden der Air Canada, hier gibt es jede Menge Personal, keine gestressten Damen und Herren beim Check-in, keine nervösen Verkäufer, hat man eine Frage, da muss der Fluggast nicht nach einem Mitarbeiter suchen, der dann wie in Europa üblich - von einer anderen Airline ist und den Flughafen selbst nicht kennt, nein hier in Kanada, hat man Zeit, gibt gern und kompetent Auskunft. Nur - wie gesagt man muss genau hinhören, das Englisch ist durch verschiedenste kulturelle Wurzeln interpretationsmässig geprägt.

Abflug, Flug fünf Stunden „rüber" an die Westküste: Pacific-Vancouver, hier ist alles anders als in Toronto, die Farben, die Atmosphäre,- hier werden wir auffallen, nicht weil ich weiss und meine Begleiterin braun ist, das ist - scheinbar - unbedeutend, sondern, dass wir zusammen sind - eine Normalität in Brasilien und in den grossen Städten Europas - eine Kombimnation die Neugier und unverhohlene Ablehnung hervorruft! Doch soweit sind wir noch nicht. Vancouver, eine Stadt die schön ist und die wir im Regen wie im herbstlichen Sonnenschein erlebt haben.

Doch was ist los in dieser Stadt? Vornehmliche alte, weisse Männer wühlen in Abfallkübeln nach Essbaren, Bettler auf den elegantesten Strassen, und - erschreckend welche hohe Anzahl von Menschen jeden Alters, die mit sich selber sprechen, am Strassenrand sitzen, Daumen lutschen, sich die Haare raufen - ja Menschen, die irrsinnig sind, nicht wahnsinnig, und offenbar in ihrem Irrsinn allein gelassen werden. Unser Taxifahrer, auf dieses Phänomen angesprochen, meinte das BC ja ein gutes Klima hätte und ein sozialer Bundesstaat sei - darum sein hier so viele. Die Logik- wenn sie denn eine ist, - bleibt frappant und nicht nachvollziehbar- Zynismus trifft es wohl besser. Und die Damen und Herren an der Hotelrezeption des Sandman zucken die Achseln In Britisch Kolumbien  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]und schütteln den Kopf ob dieser unserer Frage - Nun Armut ist was anderes, doch warum diese Häufung des Irrsinns??

Wir steigen in unseren gemieteten Chevrolet und Auf der Fähre von Prinz Ruppert nach Victoria  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]fahren nun drei Wochen durch BC bis rauf nach Prinz Ruppert, um dann mit der Fähre zurück nach Victoria auf Vancouver Island zu landen.

Grasendes Wild im Jasper Nationalpark  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]Drei Wochen Natur pur auf glänzend ausgebauten Strassen, eine Schönheit wechselt mit der anderen ab, See folgt auf See, Bären auf Hirsche, Wasserfälle Im Jasper Nationalpark  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]auf Flüsse, schneebekuppte Berge verschwinden im Nebel, um bei der nächsten sehr grossen und langläufigen Kurve wieder im Sonnenlicht zu glänzen! Ja, hier denkt man Goethe, der da ahnend schrieb „ hier bin ich Mensch, hier darf ich Sein", durchatmen, den kulminierenden Irrsinn hinter sich lassend, einen Teil der Welt genießend, die sich in sich selbBeim Jasper Nationalpark  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]st verliert und sich wohl dadurch findet!

So beeindruckend die Natur, so gewaltig sie einem erscheint, so gross - so drängt sich in BC uns die Frage auf, ist Weiss und Braun als Liebeskombination nicht bekannt? Ging meine Begleiterin alleine bei Die Maligne Schlucht im Jasper Nationalpark  [photo: Paul-Bernhard Berghorn]Ankunft in ein Hotel während ich den Wagen parkierte, wurde sie sehr spät bis höchst nachlässig bedient, kam ich dazu, änderte sich das Verhalten des Personals schlagartig - nunFlüsse aus Gletscherwasser  [photo: Paul-Bernhard Berghorn] auch das ist eine Erfahrung. Etwas, was uns an der Ostküste nie passiert ist!

Pittoresk - und sehr schön in Erinnerung bleiben wird uns der Aufenthalt in Victoria. Welch schöne Stadt, ein Platz zum Verweilen, absolut britisch und doch nicht nur! Und dieses „nicht nur „ ist es was Kanada trotz allem so anziehend macht. Es ist mehr als nur eine Reise wert, und so werden wir ganz bestimmt wieder in dieses vielschichtige Land reisen. Denn Reisen ist Ankommen- wo auch immer!

Paul-Bernhard Berghorn in Begleitung der brasilianischen Malerin Jaciara Ferreira

Paul-Bernhard Berghorn, ein in der Schweiz lebender deutscher Lyriker und Essayist, besuchte im September 2004 in Begleitung der brasilianischen Malerin Jaciara Ferreira die kanadische Ost- und Westküste.
Dies sind seine Reiseimpressionen, die er unserer Zeitung überlassen hat.

 

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