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November 2001 - Nr. 11

 

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Antje berichtet

Antje Steiger

Eine Reise in die „Goldene Stadt" Prag

- Teil 1 -


 

 

Am Grunde der Moldau wandern die Steine
Es liegen drei Kaiser begraben in Prag
Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine
Die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag

- Bertolt Brecht -

Keine drei Stunden dauert die Zugfahrt von Dresden nach Prag (Praha), der wunderschönen von unzähligen Giebeln und Türmen geprägten Hauptstadt der Tschechischen Republik (Česká republika) an der Moldau (Vltava), deren Grundstein bereits Ende des 9. Jahrhunderts mit der Errichtung der Prager Burg (Pražský Hrad) auf dem Burgberg Hradschin durch das Geschlecht der Přemysliden gelegt wurde.

Neben der tschechischen Staatsregierung und deren Nationalbehörden hat seit dem 14. Jahrhundert der katholische Erzbischof seinen Sitz in Prag. Heute leben hier etwa 1,2 Millionen Menschen auf einer Fläche von 497 km2 . Die Stadt erstreckt sich über sieben Hügel, durch die sich auf 31 km die Moldau schlängelt. 16 Brücken führen über den Fluss, von denen die schönste und bekannteste die Karlsbrücke (Karlův most) ist. Sie ist eines der bedeutendsten Baudenkmäler Prags und zugleich Trödelmarkt, Künstlertreffpunkt und Bühne zahlreicher Kleintheatergruppen, Marionettenspieler, Tänzer und Musiker. Kein Wunder also, dass sich die Touristen aus aller Welt auf der erst im 15. Jahrhundert fertig gestellten (mit ihrem Bau wurde bereits 1357 begonnen), 10m breiten, 520 m langen, von Barockstatuen gesäumten und bis 1836 einzigen Überbrückung der Moldau in Prag zu Abertausenden tummeln. 

Karlsbrücke, Prag  -  Photo: Antje SteigerDie aus Sandsteinquadern errichtete Brücke ächzt unter der stetig zunehmenden Last der Touristenströme, so dass deren Freude auch ein Leid der Brücke ist. Eine Sanierung ist unumgänglich.

Prag in wenigen Worten zu beschreiben ist so unmöglich wie die Sterne am nächtlichen Himmel zu zählen. Das zauberhafte Flair dieser von rotleuchtenden Dächern geprägten Stadt fesselt jeden, sobald er seinen Fuß auf den historischen Boden setzt.

Prag – das ist die Romantik verwinkelter alter Gassen und der vielen verschiedenen Baustile, die harmonisch nebeneinander bestehen; das ist fühlbare Geschichte und Vergangenheit; das ist eine stetig belebte Stadt und ein Touristenmagnet.

Prag – das ist auch die Geburtsstadt Franz Kafkas, Rainer Maria Rilkes, Egon Erwin Kischs und Jan Nerudas. Hier lebten und wirkten ebenso bedeutende Persönlichkeiten wie Jan Hus, Bedřich Smetana und Wolfgang Amadeus Mozart, als auch Johannes Keppler, Albrecht von Wallenstein und und und… Sie alle hinterließen Spuren in dieser geschichtsträchtigen Stadt.

 

Goldene Stadt…woher auch immer diese Bezeichnung kommen mag, der Ausblick von einem der zahlreichen besteigbaren Türme enthüllt bei Sonnenschein ein farbenfrohes Bild von roten Dächern und goldglänzenden Häusern einer unglaublichen Stadt…

 

Eine Reise in die „Goldene Stadt" Prag

Prag war die Stadt der Tschechen, Deutschen und Juden. Bis 1938 prägte der Einfluss dieser drei Bevölkerungsgruppen ganz entscheidend die Kultur und Kulturen der Stadt, schließlich war sie seit ihrer Gründung ständig Schauplatz politischer, kultureller und religiöser Auseinandersetzungen.

Hautnah zu erleben ist die bewegte und zugleich erschütternde Vergangenheit der Juden im jüdischen Viertel, der Josefstadt (Josefov). Bereits seit dem frühen 10. Jahrhundert lebten Juden in Prag, deren jüdische Siedlung im Zentrum der Stadt im Zuge der räumlichen Trennung der verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen im 12. Jahrhundert entstand. Das heutige Jüdische Museum gibt Auskunft über die Geschichte und das Leben der Juden in Böhmen. Neben den zu besichtigenden Synagogen ist das zweifellos beeindruckendste Denkmal jüdischer Kultur in Prag der Alte Jüdische Friedhof. Mit seinen 12.000 erhaltenen Grabsteinen ist er der größte noch bestehende jüdische Friedhof Europas. Er wurde in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts angelegt und bis 1787 fanden hier Beisetzungen statt. Allerdings war die Fläche des Friedhofes trotz einiger Erweiterungen letztlich zu klein, so dass immer wieder neues Erdreich für neue Gräber aufgeschüttet werden musste, was zu dem noch heute vorherrschenden hügeligen Erscheinungsbild führte.

Die wohl berühmteste Persönlichkeit, die auf diesem Friedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden hat, ist zweifellos der große Theologe und Pädagoge Rabbi Jehuda Liwa ben Bezal´el, genannt Rabbi Löw (1512 bis 1609), dessen Ruf ihm bereist zu seinen Lebzeiten vorauseilte, so dass er 1592 die Ehre einer Audienz bei Kaiser Rudolf II. erfuhr, der sich für Löws Kenntnisse der Kabbala interessierte. Einer Legende nach ist Rabbi Löw der Schöpfer des Golem, der aus Lehm gefertigten Kunstfigur, der mittels eines Pergamentblättchens, auf dem der unaussprechliche Name Gottes geschrieben steht, belebt wird. Aufgrund eines „Bedienungsfehlers", Rabbi Löw hatte am Sabbat vergessen den Golem „auszuschalten", verfällt der Golem in ungezügelte Raserei und richtet Unheil an. Nachdem dem Rabbi gelungen ist, den Golem „auszuschalten", verbannt er diesen auf den Speicher der Altneusynagoge, wo ihn Jahrhunderte später der rasende Reporter Egon Erwin Kisch vergebens suchte.

 

Fortsetzung folgt…

 

- Antje Steiger, 18. Oktober 2001 -

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