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Deutsche Kultur in Kanada im Aufwind |
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"Wir brauchen eine Kunst, die größer und erschütternder ist."Die Canadian Opera Company weiht ihre neuen Räumlichkeiten ein - mit Wagners komplettem Ring-Zyklus. Das Toronto Symphony Orchestra läutet die Saison 2006/07 mit Beethovens Symphonien 1-9 ein. Maestro Helmuth Rilling öffnet im 3. Internationalen Bach-Festival die Herzen und Gemüter seiner kanadischen Fans. Der neue Direktor der Power Plant Gallery Toronto, Gregory Burke, wählt als ersten Schwerpunkt Martin Kippenberger und die Kölner Szene der 80er und 90er Jahre. Montreal zeigt große Retrospektiven von Anselm Kiefer und Neo Rauch. Und auch der neue deutsche Film erhält stehende Ovationen - etwa in "Das Leben der Anderen" von Florian Henckel von Donnersmarck bei der Nordamerikapremiere im Toronto International Film Festival, kurz vor der Oskar-Nominierung. Kritiker wie Publikum sind begeistert. Werner Herzog wird von kanadischer Seite beim HotDocs-Festival 2006 der "Lifetime Achievement Award" verliehen. Kein Zweifel: Deutsche Hochkultur erlebt in Kanada in beinahe allen Sparten eine Renaissance. Auffällig ist, dass auch das inhaltlich Anspruchsvolle, das Schwierige, das Tiefe eine Faszination auslöst - gerade weil es sich dem schnellen, leichten Konsum verweigert. Es ist besonders das Moment des "Sperrigen", das in einem stark von Unterhaltung und Marktmechanismen geprägten kulturellen Kontext - "Arts & Entertainment" heißt schließlich oft das Feuilleton - besondere Aufmerksamkeit erregt. Wie ist dieser Bedarf zu erklären? Kanadische Kommentatoren sehen die Lage folgendermaßen: "Vielleicht machen uns Nordamerikaner die Maßstäbe und der Ehrgeiz einer Kunst von Anselm Kiefer oder Richard Wagner in der Tat nervös. Wir fühlen uns oft wohler mit einer Ästhetik, die präzise und mit kritischer Klarheit leicht verständliche Themen anspricht - eine effiziente, bürokratische Kunst, die den wilden Ehrgeiz von Hegel, Marx und Wagner des 19. Jahrhunderts hinter sich gelassen hat. Wir sind kleinlich. Wir haben chronisch kalte Füße. Doch die Tatsache, dass [die Anselm Kiefer-Ausstellung] nach Montreal reiste (zweifellos unter großen Kosten) und dass der vollständige Ring-Zyklus diesen Herbst das neue Opernhaus in Toronto eröffnen wird, legt nahe, dass wir uns nach etwas Tieferem sehnen. [...] Vielleicht müssen wir aufgeweckt werden; vielleicht brauchen wir eine Kunst, die größer und erschütternder ist," schreibt Daniel Baird, Kulturredakteur des Torontoer Magazins "The Walrus". Besonders erfreulich ist dieses gesteigerte Interesse an deutscher Kultur in Kanada natürlich auch für das Goethe-Institut. Denn diese Entwicklung treibt ihm viele aufgeschlossene neue Besucher und Gäste zu, die sich für Deutschlands reiche Kulturlandschaft und aktuelle Entwicklungen in Musik, Bildender Kunst und Fotografie, Theater und Literatur begeistern. Die Kulturprogramme des Goethe-Instituts Toronto schlagen zunehmend hohe Wellen: Ein bekannter Kunstsammler hat gerade 15 Fotografien des Düsseldorfer Künstlers Robin Merkisch aus der Ausstellung "Urban Transformations" im Goethe-Institut Toronto gekauft, die in die Sammlung eines wichtigen kanadischen Museums aufgenommen werden sollen. In Aneignung eines Kafka-Zitats kann man dies so zuspitzen: Kultur ist die Axt für das Eis in uns. Besonders im Kulturaustausch muss man wissen, was für die andere Seite Bedeutung hat, was sie bewegt, wenn man kulturell wirken will. Der Autor Dr. Arpad Sölter Der erwähnte Artikel des Torontoer Kulturjournalisten Daniel Baird erschien zuerst in der Zeitschrift The Walrus, Juni 2006. Das Walrus Magazin und das Goethe-Institut Toronto haben bereits bei der Vorstellung der Autorin Juli Zeh in Kanada zusammen gearbeitet.
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