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March 2002 - Nr. 3

 

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Grußwort von Bundespräsident Johannes Rau

zur Eröffnung der Ausstellung
zum 100. Geburtstag von Heinz Rühmann
am 6. März 2002 im Filmmuseum in Berlin:

 


"Lachen hat seine Zeit und Weinen hat seine Zeit" heißt es im Prediger Salomo. Ich bin ein paar Minuten zu spät gekommen und will Ihnen den Grund sagen: Im Schloss Bellevue waren eine dänische und eine deutsche Schulklasse zu Gast. Sie besichtigten das Schloss und führten ein Gespräch mit mir. Da kam die Nachricht, dass zum ersten Mal in Afghanistan Soldaten zu Tode gekommen sind: Zwei deutsche und drei dänische Soldaten, heute Nachmittag, vor zwei Stunden. Da musste ich bei den Schülern bleiben und ein Wort der Anteilnahme zu sagen versuchen.

So springe ich nun von diesem bedrückenden Ereignis zu diesem schönen Anlass, der uns hier zusammenführt. Ich sage Herrn Prinzler: Ja, das ist richtig, ich habe Heinz Rühmann gut gekannt, sehr gemocht und durfte die Urkunde überbringen, als er Professor ehrenhalber wurde. Man nennt das Honorarprofessor, es ist aber ohne Honorar.

Als ich mit einem meiner Kinder ein paar Bayerntage verlebte und es sich langweilte, habe ich gesagt, hier in der Nähe wohnt der bedeutendste deutsche Schauspieler. Ich wurde nach dem Namen gefragt und antwortete: Heinz Rühmann. Da sind wir sofort nach Berg gefahren.

Dieser Nachmittag, liebe Frau Rühmann, ist unvergessen. Das Kind Rau im Regiestuhl und Heinz Rühmann erzählend, plaudernd und kartenschreibend an die Geschwister. Unvergesslich, wie der neunzigste Geburtstag, den wir miteinander feiern durften, bis in den frühen Morgen hinein.

Sie, Herr Prinzler, haben gesagt, es gebe nichts Schöneres als Filmausstellungen über Schauspieler. Es gibt noch etwas Schöneres: Rühmann-Filme. Ich habe am Samstag wieder einen gesehen und freue mich darüber, dass gegenwärtig so vieles aus dem schauspielerischen Leben dieses "großen kleinen Mannes" angeboten wird. Sie haben davon gesprochen, welches Ihr erster und Ihr letzter Rühmannfilm gewesen ist. Ich weiß das von mir nicht mehr so genau. Ganz gewiss war "Der Bruchpilot" der erste, aber welches der letzte war, das weiß ich nicht.

Ich weiß wohl, was für ein Spannungsbogen über diesem Künstlerleben lag. Stellen Sie sich vor, der soeben zitierte "Hauptmann von Köpenick" hatte seine Premiere nur sieben Monate entfernt von "Charleys Tante". Nur sieben Monate zwischen zwei Premieren so unterschiedlicher Filme. Ich sehe Heinz Rühmann tanzen, und dann höre ich ihn singen: "Bis hierher hat uns Gott gebracht durch seine große Güte", im Gefängnis, in der gestreiften Kleidung des Häftlings.

Der Reichtum dieses Lebens hat sich auf viele, viele Menschen übertragen. Meine Verspätung heute hat dazu geführt, dass ich im Info Radio Berlin, Ihrem Partner, auch noch ein Interview mit Herrn Körner über Heinz Rühmann habe hören können, in dem er vom Reichtum dieses Lebens und von der Leistung dieses Mannes gesprochen hat. Gyula Trebitsch hat einmal gesagt, er tat nie etwas neunundneunzig Prozent, hundert Prozent Leistung, das war für ihn immer das Minimum.

Was bleibt von diesem Mann, der so gern ein Clown gewesen wäre, und viel mehr und ganz anderes war als ein Clown; der so glücklich war, dass er Popov kennen lernte, und der eines Tages auch im Circus Roncalli als Clown aufgetreten ist?

Für mich bleibt das, was er am Schluss der Feuerzangenbowle gesagt hat. Da sagt dieser Dr. Johannes Pfeiffer:

"Wahr sind die Erinnerungen, die wir mit uns tragen; die Träume, die wir spinnen, und die Sehnsüchte, die uns treiben. Damit wollen wir uns bescheiden."

So endet Johannes Pfeiffer - Heinz Rühmann - in der Feuerzangenbowle. Dieser Star, der keiner sein wollte, der mit diesem Begriff des Stars wenig anfangen konnte, dem mediale Selbstdarstellung so fremd war, vertraute einzig und allein darauf, wie er auf der Leinwand wirkte.

Neunundneunzig Prozent haben ihm nicht gereicht, und da heute auch seine Produzenten hier sind, Gyula Trebitsch und Atze Brauner, die für ihn zu Freunden wurden, will ich den Produzentenmut erwähnen, den ich mit Blick auf die sieben Monate zwischen den beiden Premieren schon angedeutet habe.

Übrigens war Heinz Rühmann nicht nur Bruchpilot, nicht nur Quax, sondern er hatte in Staaken fliegen gelernt. Damals gab es noch keine Versicherung für Flieger, und er hatte einen Unfall gebaut und bezahlt. Das Fliegen war für ihn ein Stück Selbstverwirklichung, auch in dem alten klapprigen Fluggerät.

Er ist sein Leben lang dankbar dafür gewesen, dass er Schauspieler sein konnte. August Everding hat gesagt, er ist ein "David, der alle Goliaths weghüstelte". Ich finde das wunderschön. Ich denke an David, vom dem wir lesen: Er wählte fünf glatte Steine, und dann stand er vor diesem riesigen, hochgerüsteten Goliath, und er hat es geschafft. Er hat ihn mit fünf glatten Steinen "weggehüstelt".

Dieser Heinz Rühmann bleibt uns in Erinnerung. Auch der Heinz Rühmann, der viele Jahrzehnte keine Lesungen hielt, bis der Michel in Hamburg ihn in der Advents- und Weihnachtszeit bat, Weihnachtsgeschichten und am Schluss die Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2 vorzulesen, jedes Jahr wieder. Mit welcher Treue er das getan hat, werde ich nicht vergessen.

Diese Ausstellung zeigt den ganzen Rühmann. Das ist eine deutsche Künstlerbiografie. Sie geht auch auf das Streitige in seinem Leben ein. Ich habe selber mit ihm darüber gesprochen, und ich weiß wie viele andere, die sich mit der Rolle Heinz Rühmanns im Dritten Reich auseinandergesetzt haben, dass er kein Widerstandskämpfer war. Aber es gibt Menschen, die seinem Schutz ihr Leben verdanken, auch in der Zeit des Nationalsozialismus. Er hat das Gespräch über diese Zeit und ihre Anfechtungen nicht gescheut. Er war ein redlicher und ein offener Mensch.

Der Titel der Ausstellung heißt: "Ein Freund, ein guter Freund", und wenn man das liest, summt man es mit. Wir sind dankbar für dieses großartige Leben und für dieses künstlerische Werk. Dass Sie, liebe Frau Rühmann, und das Filmmuseum das möglich gemacht haben, dafür sind wir Ihnen von Herzen dankbar.

Um die Wahrheit zu sagen: Mir war Heinz Rühmann ein guter Freund, mir, dem Jüngeren, der aus dem Bergischen stammt, wo man sich schwer tut mit dem Humor und mit dem Witz; wo man aber offen ist für Menschen, für das Abenteuer der Begegnung, das uns Heinz Rühmann so oft geschenkt hat. Darum bin ich froh darüber, dass es diese Ausstellung gibt, ich bin froh darüber, dass Heinz Rühmann unvergessen ist. Wenn ich mir Zeit nehme, dann nehme ich mir oft ein Video mit einem Rühmann-Film. Dann träume ich, dann habe ich Sehnsucht, ich lache, ich weine, und ich weiß, das ist unser Leben.

"Lachen hat seine Zeit und Weinen hat seine Zeit", und heute ist eine Stunde des Dankes.

 

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