Juristischer Fortschritt
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Die Zwerge leben!Emanzipation im Blumenbeet
Wie einst der liebe Gott einen Lehmklumpen zu Leben erweckt hat, hat nun ein Richter den Gartenzwergen den Odem eingehaucht und sie zum Leben erweckt. Er hat somit amtlich bestätigt, was in der Phantasie der Zwergenhalter – vornehmlich Männer – schon immer Realität war und in Zukunft auch bleibt. Gartenzwerge sind nichts anderes als die Väter oder Brüder der Puppen, mit denen viele als Kind nicht spielen durften. Diese Schrebergartenwächter, Steingartenherrscher und Vorgartenwichtel aus Gips oder Plastik sind aber trotz fülligem Bart Kinder geblieben – brave Kinder! Sie weinen nicht, bekommen keine Zähne, haben nie das letzte Wort, sind nie frech zu Tante Elfriede, kleben keine Kaugummis unter den Tisch, durchlaufen keine Pupertät und haben selten Entwicklungsstörungen und Kinderkrankheiten. Sie sind von Geburt an fertig. Es gibt dann auch nie Probleme mit Schwiegersöhnen oder –töchtern. Apropos Töchter! Wo sind die Zwerginnen? Wo ist die Blumenpflück-Emmi, die Pilz-Resi, die Besen-Paula und die Schrubber-Marie? Haben denn der Goldfisch-Fritz, der Jäger-Toni, der Gärtner-Sepp und die anderen Mini-Grufties keine Partnerinnen? Feministinnen aus aller Welt! Wo bleibt die Gleichberechtigung im Blumenbeet? Habt ihr aufgegeben? Soll der Steingarten eine totale Männerdomäne und zu allem Überfluß noch eine heile Welt bleiben? Und ihr maskulinen Erbauer dieser alpinen Traumwelten? Gönnt ihr euren friedlich rauchenden und ewig grinsenden Vorgartenoldies nicht einmal eine knackige Alpengarten-Tussi, eine Mini-Maggie, eine schwarze Kräuter-Alice, eine – wenn volljährig – Matterhorn-Barbie? Habt ihr Angst, es könnte vorbei sein mit der Idylle? Befürchtet ihr, dass eure Vorgartenschrats dann auch in die Kneipe abhauen, wenn es Stunk in der Gartenstube gibt? Doch wo ist das Problem? Rüstet eure Vorgartenkämpfer auf zu Männern! Macht das, was ihr auch gerne machen würdet. Weg mit der Angel, eine Peitsche in die Hand. Keinen Spaten, einen Knüppel braucht der Zwergenmann. Zugegeben, dann wäre dieses Steingartenleben zu lebendig, zu wahr und auch zu teuer. Man bräuchte dann für die bisherigen „Nicht mit Glieder" Scheuerlappen, Staubtücher, Schrubber, Besen, Kochtöpfe und weil auch hier keinerlei Feindlichkeiten vom ausländischen Garten eindringen dürfen noch Kopftücher und sonstige Requisiten. Neben dem Schloss Neuschwanstein müsste man noch andere Türme bauen, zu denen zwar die Türkenbundlilie passen würde aber nicht der prächtig wachsende Christusdorn. Zugegeben, dieser Steingarten wäre zu lebendig. Die Zwerge sollen leben, fern von weiblichen Einflüssen. Nur so können sie bescheiden, selbstlos und anspruchslos bleiben, eine echte Idylle aufrechterhalten wie einst im Paradies. Übrigens, auch der Arbeitgeberverband hat die Lebendigsprechung dieser Heinzelmännchen begrüsst. Er will sie in Zukunft auch werbetechnisch vermarkten und sucht deshalb einen verantwortlichen Vertreter dieser neuen Rasse. Man muss ja schliesslich mit irgendjemandem verhandeln zwecks Gage und so. Sie sind nämlich der ideale Arbeitnehmer – ein zukunftsweisendes Vorbild! Sie graben, rechen, angeln, mähen, fällen Holz und schaufeln unermüdlich Tag und Nacht, ohne jemals nach einem Tarifvertrag verlangt zu haben, ohne das Wort ‚Streik’ oder ‚Lohnerhöhung’ auch nur in den Mund zu nehmen oder gar Rechte zu fordern. „Und sowas", schreit der Arbeitgeberpräsident, „sowas soll in den Regalen eines Pfandhauses verstauben! Dann wären wir bald wieder soweit wie jetzt. Wir müssten ausgediente Vorgartenwächter, sonstige Inschinere und andere lädierte Figuren von ausländischen ‚Second-hand-Gärten’ importieren, um unseren Garten dann so zu gestalten, wie wir ihn nie wollten. Ich sehe hier keinen Sinn, vor allem wenn unser qualifiziertes Potenzial im Regal vergammelt!" Auch der Rentenversicherungsverband begrüsst die, zum Leben erweckten Kautschuk, Plasik- und Gipsrentner. „Seht," sagte der Vorsitzende, „Diese Minirentner lachen, sind zufrieden und überglücklich, obwohl sie nicht einen Pfennig Rente bekommen! Und Ihr? Täglich hört man nur von Forderungen. Setzt euch auch einmal achzig oder mehr Jahre an euren Arbeitsplatz und das 24 Stunden täglich bei Wind und Wetter. Ich glaube kaum, dass ihr dann noch Ansprüche geltend macht, vor allem in dieser Höhe! Ausserdem zeigen diese Typen Charakter. Keiner meckert, wenn er vor dem Zerfall kostensparend entsorgt und damit sozialverträglich abgelebt wird." Und der Bund Naturschutz startet regelrechte Freudenparties um möglichst allen Alpengartenmessmers und Zipfelhaubentrenkers zur Lebendigwerdung zu gratulieren und sie mit Freude gratis in allen Organisationen aufzunehmen. „Sie sind ein Vorbild für jeden Bergfreund, für jeden Weidmann und jeden Fischer. Ihr Lebensziel ist lediglich die Natur und die Kreatur zu achten und deren Lebensweise zu beobachten und den Variantenreichtum der Natur zu geniessen. Sie werfen keine Bierdosen weg, stürmen nicht in Massen die Berge, zertreten keine Pflanzen und stören kein Tier. Wenn sie angeln, begnügen sie sich ein Leben lang mit einem Fisch und ihre Jagdleidenschaft beschränkt sich auf das Bewachen der Kreatur, egal in welcher Form, aus welchem Material und in welchem Zustand." Doch Vorsicht! Diese heile Welt ist in Gefahr! Sie ist zu schön um unberührt zu bleiben, zu schwach um sich gegen unerwünschte Einflüsse zu wehren, zu anziehend und interessant, um unbeachtet zu bleiben. Der Kommerz und die Gewinnsucht, wie auch das Verbrechen streckt seine gierigen Krallen aus. Schon werden Gartenzwerge mit Transistorradio und Fernseher angeboten, weil ohne Einkommen der Teilnehmer von Gebühren, GEZ, GEMA usw. befreit ist. Schon werden seriöse Gartenzwerge mit besten SchuFa-Auskünften als Sammelbesteller bei Versandhäusern geführt. Sie abonnieren Zeitschriften, nehmen Kredite in schwindelerregenden Höhen auf, lassen sich auf Ratenzahlungen ein, schliessen Versicherungen auf alles ab, besitzen auch alles, was sich ein kleiner Mensch niemals leisten kann. Natürlich brauchen sie nicht zu zahlen, sie haben keinerlei Konsequenzen zu befürchten, sie sind auch nicht pfändbar. andy Copyright ©2002 Andy
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