Die Mode der jungen Mädchen oder was sie hier im Sommer
so tragen
Mode, einst der sich wandelnde Geschmack in den
verschiedensten Lebensbereichen, der gleichermaßen von ästhetischen und
moralischen Vorstellungen wie vom gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang
beeinflußt wurde, heute wohl eher die Bedeutung von Tages-, bzw.
Zeitgeschmack - Was ist also "in"!
Jeder trägt was ihm gefällt und was ihm in die Quere kommt. Jedenfalls hat
jeder die Freiheit dazu. Es gibt kaum noch ein Art sich zu kleiden, durch
die man einer bestimmten Gesellschaftsschicht zugeordnet wird, durch die man
seine Lebenseinstellung oder politische Überzeugung darstellen kann.
Mittlerweile ist alles von der Modeindustrie vereinnahmt und salonfähig
gemacht wurden. So heben sich die Studenten nicht mehr merklich von anderen
Jugendlichen gleichen Alters ab. Die Punks sind ebenso verschwunden, wie die
Gruffties. Es ist "in", völlig schwarz bekleidet durch die Welt
zu ziehen, egal welche Sinneseinstellung dahintersteckt. Es ist
"in", die verrücktesten Frisuren und Farbnuancen zu tragen, egal
welche Musikrichtung man bevorzugt.
Wo sind sie, die Echten, die Überzeugten, die, die mit ihrer Kleidung noch
etwas ausdrücken wollten.
Die Individualität schwindet zusehends. Mag es an Kreativität der Jugend
mangeln, mag es der Herdentrieb sein oder der Klassenzwang, jedenfalls
begegnen uns auf den Straßen immer wieder dieselben Mädchen.
Es wäre schön, wenn sie anhand ihrer Haarfarbe oder der Art sich zu
schminken oder anhand ihres Haarschnitts zu identifizieren wären. Leider
muß ich sie enttäuschen - nicht einmal das ist möglich. Wir sehen uns dem
Phänomen der völligen Vereinheitlichung der Jugend durch ihre Mode
gegenüber. Die Kosmetikabteilungen und Drogerien sind voll mit Haartönungs-
und Haarfärbemitteln. Sie bestimmen die Haarfarbe der Mädchen. Sie
bestimmen die blonden Strähnchen, die man trägt; die grellen Farbtöne
für den Diskoabend, wie blau und rot; die unnatürlichsten Blondtöne, die
man sich nur vorstellen kann, denn es ist "in" Blondine zu sein.
Wer es mit dem Haarefärben und tönen nicht so hat, der trägt ein Kopftuch
in den verschiedensten Farben und Mustern.
Aber kommen wir zurück auf die Kleidung. Dazu sollte schon ein Blick in die
Ladenfenster der Geschäfte genügen oder in einen der zahlreichen
Modekataloge. Young fashion oder Trend fashion nennt sich das, was man heute
trägt. Jeder der "in" sein will, der dazugehören will, sollte
sich sofort in eines der Kaufhäuser begeben und anfangen sich einzukleiden.
Man könnte sonst auf der Straße als Außenseiter angestarrt werden.
Tja, womit fangen wir denn da am Besten an - mit den Farben: Sie reichen von
grellgrün bis pink über gelb und blau zu den Grundtönen schwarz, grau und
weiß. Nebenbei findet man auch ein paar Naturtöne, die sich anhören wie
caramel, avocado oder khaki. Uni ist gut, aber Verzierungen und vielerlei
kindlich-verkitschte Blumenmotive sind besser, egal ob auf Hose, Rock oder
T-Shirt.
Betrachten wir die Kleidungsstücke einmal näher. Jeder der die
verschiedenen Shirts oder Oberteile sieht, könnte meinen, den
Schneiderinnen wurde aufgetragen so viele Teile wie möglich aus dem Stoff
zu schneidern. Dementsprechend ist das Ergebnis. Reichen sie doch mühsam
bis zur Taille. Bauchfrei ist der letzte Schrei, denn man will ja seinen
gepiercten Bauchnabel nicht verdecken müssen. Die Oberteile sind dann oft
im Rücken zu binden, wahlweise mit einem oder mehreren Stricken. Wobei sich
allerdings die Frage stellt, ob die Verrenkungen beim Anziehen oder der
leichtere Weg des Ausziehens bezweckt war. Die Shirts provozieren regelrecht
tiefe Blicke und betonen den Körper samt seiner "vorhandenen"
Rundungen.
Röcke, wer hätte gedacht, daß man sie mit soviel Raffinesse gestalten
könnte - mit Schnürchen zum Raffen oder im Saum mit Kordel zum Zuschnüren.
Die Länge schwangt zwischen gerade das heilige Hinterteil verdeckend bis
zum Suchen der Füße. Der Bund hängt meist gerade so auf den Hüften,
welch Glück, daß Mutter Natur uns weiblichen Wesen Hüften gab. Nicht
auszudenken, wo die Röcke sich sonst wiederfänden.
Ebenso ist es mit den Hosen bestellt. Allerdings ist deren Länge schwankend.
Mittlerweile haben wir uns auf Hochwasserhosen geeinigt. Wurden noch vor
einigen Monaten Hosen bevorzugt, deren Seitennaht aufgetrennt werden mußte,
damit sie über die dicken Schuhe bis auf die Erde reichten, so werden jetzt
zu lange Hosen auf die entsprechende Länge umgeschlagen.
Nun fehlt nur noch das passende Schuhwerk. Hier kann gewählt werden
zwischen Turnschuhen, die als solche nicht zu sportlichen Aktivitäten
geeignet sind, denn sie haben erhöhte durchgängige Sohlen, und der
schmalen Riemchensandale, die mit unwahrscheinlich hohen Absätzen wenig
Halt liefert. Die Riemchen sind dünn und zahlenmäßig recht wenig, so daß
dieses Schuhwerk nicht für das tägliche Laufen geeignet ist.
Das ideale Mädchen, das diese Mode ohne Anstrengung und Hungerkur tragen
kann, ist zwischen 160 bis 170 cm groß und wiegt um die 50 bis 60 kg, es
hat keine einladenden Rundungen, d.h. es fehlen ihr gemeinhin alle
fraulichen Züge. Es ist ein Mädchen von zarter Knabengestalt.
Mode ist glücklicherweise vergänglich und so schnellebig, daß morgen
schon wieder die Vernunft die Szene beherrschen kann. Der Gesamteindruck,
den ein modisch gekleidetes Mädchen heute hinterläßt, ist der eines
Dummchens, daß leicht zu haben und von den Männern bevormundet werden kann.
Da stellt sich doch die Frage, wer diese Art der Mode entwirft.
von Antje Steiger, 4. Mai 2000
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