AUGUST RODIN IN ZÜRICH |
||
Das Kunsthaus Zürich zeigte vom 9. Feb. bis 13. 07 in enger Kooperation mit dem Musee Rodin Paris und der Royal Academy of Arts in London eine Retrospektive des grossen französischen Bildhauers August Rodin ( 1840 –1917 ). In Zürich wurden nun 160 Exponate: Bronzen, Gipse und Zeichnungen dem interessierten Publikum vorgestellt. Natürlich waren darunter auch so berühmte Werke wie : < Der Kuss >, < Der Denker >, oder die monumentale Skulptur < Die Bürger von Calais >. Diese Werke sind vielleicht schon zu bekannt, zu oft in Büchern und Zeitschriften veröffentlicht worden, so das der Reiz- so könnte man meinen – dann fehlt. Walter Benjamins < Gedanken die er in seinem Essay < Das Kunstwerk im Zeitalter seiner Reproduzierbarkeit > kommen da dem Besucher in den Sinn. Und doch strahlt das Original trotz aller Vorkenntnis immer wieder neu. Besonders deutlich wird dies dem Betrachter bei der Personengruppe < Die Bürger von Calais >. Wie Rodin hier die sechs Männer als Gruppe platziert, welche Gestik, welchen Gesichtsausdruck er bis in die kleinste Nuance hinein ausarbeitet und komponiert, nun das ist gekonnt und verrät den grossen Psychologen und Menschenkenner der er auch war. Dies zeigt sich auch überwältigend u.a. in den beiden Werken < Eva> und < Ugolino und seine Söhne >. Eva ist als lebensgrosse nackte Frau dargestellt ( nach dem Sündenfall ) die versucht ihre Nacktheit zu verbergen und verschämt zu Boden schaut. Den Gesichtsausdruck den der Künstler hier schafft ist faszinierend und berührt. Das gleiche trifft für die Skulptur < Ugolino und seine Söhne > zu, die kleiner ist. Ein Mann der sich über seine Söhne beugt mit einem unsagbar starken Gesichtsausdruck.( diese Szene hat Rodin Dantes < Göttlicher Komödie entnommen. ) Will man den Gesichtsaudruck genau sehen und erleben, muss der Besucher sehr in die Knie gehen. Leider haben die Ausstellungsmacher nicht daran gedacht bei beiden Skulpturen einen Spiegel auf den Boden zu legen in dem sich der Gesichtsausdruck spiegelt und der Betrachter so das Kunstwerk komplexer hätte erfassen können. Oder im Falle < Ugolino > wäre es sinnvoll gewesen diese Skulptur auf einen Sockel in Augenhöhe zu platzieren. ( ein Besuch im kleinen Dali-Museum in Paris hätte gezeigt wie grossartig der Effekt des Spiegels ist und wie hilfreich es für den Betrachter sein kann.). Leider sind auch diese beiden Skulpturen, wie die auch die Liegeskulptur < Die Märtyrerin > innerhalb einer Skulpturengruppe platziert worden die viel zu eng zueinander stehen und somit keinen Raum zu atmen haben. So ist es bei < Die Märtyrerin> dem Besucher nicht möglich um sie herum zugehen obwohl Rodin sie als solche geschaffen hat. Was die Gründe für eine derartiges Arrangement sind, bleibt Geheimnis der Ausstellungsmacher. In welcher Zeitströmung lebte nun dieser Künstler der die Bildhauerei Ende des 19. Jahrhunderts revolutionierte und wo die ungezwungene Haltung seiner Figuren im Gegensatz zum damaligen Skulpturenideal stand welche einem akademischen Kanon verhaftet waren. Er ist es auch, der zu den ersten Künstlern gehört, die das Unvollendete zum künstlerischen Prinzip erhoben. So schuf er viele Fragmente von Körpern und verzichtete teilweise auf den Sockel. ( Auch diese „ Fragmente „ wie z.B. die Hände sind in der Ausstellung prominent vertreten .) Es war die Zeit der grossen Umweltzungen, die Zeit der alle Lebensbereiche ergreifende Industrialisierung, in der das Ganze nicht mehr überschaubar, und wo Dichter wie Charles Baudelaire die Zerstörung des Schönen sangen um eine neue Ästhetik zu schaffen, die Gedichte über die Grosstadt schrieben. ( Rodin war von Baudelaires < Fleurs du mal > so fasziniert, dass er sie 1897 illustrierte). Und Nietzsche postulierte „ Gott ist tot „. Also eine Zeit des Aufbruchs aber auch der Verunsicherung. – Rodin hat sich künstlerisch mit den grossen Literaten seiner Zeit auseinandergesetzt. So zeigt die Zürcher Ausstellung die Büste von Victor Hugo und das Denkmal mit den beiden Musen und die imposant wirkende Plastik des Schriftstellers Honore Balzac., die seinerzeit als Schändung des Schriftstellers Balzac empfunden wurde, von der aber Oscar Wilde begeistert war.- Rodin befasste sich aber nicht „nur „ mit der Gegenwart, in der Bildhauerei befasste er sich intensiv mit dem Geheimnis Michelangelo und mit Dantes < Göttlicher Komödie >. Während seiner Italienreisen 1875 und 1876 studiert Rodin Michelangelo. Er schreibt darüber: " Nächtelang habe ich Zeichnungen gemacht, aber nicht nach seinen Arbeiten, sondern nach den Grundzügen meiner Vorstellung, die ich mir von ihm gemacht habe, um ihn zu verstehen." Rodin beschäftigte sich intensiv mit Dante. Dies kommt in seinem ( letztlich unvollendeten ) Hauptwerk < Das Höllentor > ( 1880 – 1917 ) überragend zum Ausdruck. Zürich kann sich glücklich schätzen eines von weltweit nur sieben Exemplaren zubesitzen. Es ist ein Geschenk des Emil Georg Bührle, dass seit 1948 an der Fassade des 1910 erbauten Kunsthauses steht. Es wurde anlässlich der aktuellen Rodin-Schau für ca. 250000.- Schweizer Franken restauriert und ist mit seinen 6,80 m hohen und sieben Tonnen schweren Kunstwerk nun in neuem Glanz erstanden. Rodin hat weit über hundert Figuren dafür geschaffen, die er auch als Einzelskulptur ausführte und als solche in der Ausstellung zu besichtigen sind. Die wohl berühmteste Figur des < Höllentor > ist der Denker, der über den grauenvollen Geschehnissen thront und in uns die Sätze wach ruft die Dante über sein Höllentor schrieb "Lasst jede Hoffnung, wenn ihr eintretet „ .- In der Zürcher Ausstellung wird aber auch dem weniger bekannten Maler Rodin Rechnung getragen. Und dies ist sehr interessant: wie zeichnet ein Bildhauer, also wie geht er mit einem Material um welches nicht sein ureigenes ist. Sind viele seiner Skulpturen vom Eros bestimmt, so zeigt sich dies auch in seinen wenigen erotischen Zeichnungen, die fein, wie hingehaucht wirken, die aber 1906 in Weimar ausgestellt, zu einem Skandal führten, so das der damalige Direktor des Grossherzoglichen Museums zurücktreten musste.- Rodin ist heute ein global bekannter Künstler dessen Werke in vielen Repliken vorliegt. Bruno Nuytten setzte dem Künstler und seiner Muse, die zur eigenständigen Bildhauerin wuchs, Camile Claudel, ein filmisches Denkmal. In den Hauptrollen Isabelle Adjani als C. Claudel und Gerard Depardieu als A. Rodin.- Ja auch das : Rodin und die Literatur: anlässlich des 100 Todestages von Friedrich Schiller wird ihm am 9.Mai 1905 die Ehrendoktorwürde der Universität Jena verliehen. Rainer Maria Rilke , der1902 knapp sechs Monate der Sekretär von Auguste Rodin war schrieb über ihn:" Rodin war einsam vor dem Ruhme. Und der Ruhm der kam, hat ihn vielleicht noch einsamer gemacht."- Auguste Rodin sagte von sich selber:" Ich bin eine Brücke zwischen gestern und morgen ." Dies ist in der sehr sehenswerten Zürcher Ausstellung durchaus zu spüren und zu sehen. Paul-Bernhard Berghorn
|
||
|
||
Send mail to webmaster@echoworld.com
with
questions or comments about this web site.
|