von Friedrich W. Kaulisch
Wenn du noch eine Mutter
hast
So danke Gott und sei zufrieden.
Nicht allen auf dem Erdenrund
Ist dieses hohe Glück beschieden.
Wenn du noch eine Mutter hast,
So sollst du sie mit Liebe pflegen,
Dass sie dereinst ihr müdes Haupt
In Frieden kann zur Ruhe legen.
Sie hat vom ersten Tage an
Für dich gelebt mit bangen Sorgen,
Sie brachte abends dich zur Ruh
Und weckte küssend dich am Morgen.
Und warst du krank, sie pflegte dein
Den sie mit tiefem Schmerz geboren;
Und gaben alle dich schon auf -
Die Mutter gab dich nicht verloren.
Sie lehrte dir den frommen
Spruch,
Sie lehrte dich zuerst das Reden,
Sie faltete die Hände dein
Und lehrte dich das Beten.
Sie lenkte deinen Kindersinn,
Sie wachte über deine Jugend;
Der Mutter danke es allein
Wenn du noch gehst den Pfad der Tugend.
Und hast du keine Mutter
mehr
Und kannst du sie nicht mehr beglücken,
So kannst du doch ihr frühes Grab
Mit frischen Blumenkränzen schmücken.
Ein Muttergrab - ein heilig Grab !
Für dich die ewig heil'ge Stelle.
Oh wende dich an diesen Ort
Wenn dich umtost des Lebens Welle.