Den Berlinern das Herz aus dem Leib gerissen.
Der Himmel weinte über Berlin als am
30. Oktober die Flüge für den Zentralflughafen Tempelhof für
immer gestrichen wurden. 85 Jahre Pionierzeit der Luftfahrt
wurden einfach ausradiert. Die Berliner durften nicht einmal
gemeinsam Abschied nehmen, das blieb nur 800 geladenen Gästen
vorbehalten. Ein Tag der offenen Tür auf dem Flughafengelände
wie zur Besatzungszeit wäre sinnvoller gewesen.
Die Abschiedsrede des Berliner Bürgermeisters wurde von den
geladenen Gästen mit vielen Buh-Rufen und Pfiffen begleitet. Vor
den Toren des Flughafens hatten sich Hunderte von Demonstranten
versammelt.
Die Gäste der Industrie und Handelskammer sind der Einladung
erst gar nicht gefolgt. Für sie ist die Schließung des
Flughafens eine Abwanderung eines ganzen Wirtschaftszweiges und
sie sehen viele Arbeitsplätze in Gefahr.
Der Zentralflughafen Tempelhof gilt bei den Piloten als einer
der Schönsten der Welt und nennen ihn liebevoll die Mutter der
Welt. Hier wurde Fluggeschichte geschrieben. Auf dem Tempelhofer
Feld nahm 1909 Orville Wright seine ersten Flug-Gehversuche, mit
denen er zunächst scheiterte, sie immer weiter entwickelte, bis
er es zu einigen Rekordflügen schaffte. Zu dieser Zeit wurde das
Tempelhofer Feld noch als Parade - und Exerzierplatz genutzt.
1923 entschloss man sich statt eines Messestandorts einen
Flughafen zu bauen. Hier entstand das größte Gebäude der Welt,
von hier aus wurde als erstes der Himmel berührt. Beim
Luftangriff auf Berlin wurde die Flughafenanlage zu großen
Teilen zerstört und nach Kriegsende wurde mit dem Neuaufbau
begonnen.
Allein die imposante Haupthalle beeindruckte jeden Besucher.
Hier musste man nicht durch X Terminals mit Laufbändern gehen,
schwere Koffer schleppen, alles war auf kürzestem Weg zu
erreichen. Nach der Passkontrolle ging man nur 30 Meter zu Fuß
und hatte seine Maschine erreicht.
Was für das damalige Berlin einzigartig war, der Flughafen hatte
das beste Nahverkehrsnetz. Der S-Bahnring führte Fluggäste bis
S-Bahnhof Papestraße und noch näher am Flughafen kam der
U-Bahnhof Tempelhof. Nach dem 2. Weltkrieg kamen noch einige
Buslinien hinzu.
Zentraler lag kein Flughafen der Welt. Er war der beliebteste
City-Airport schlechthin.
Seinen größten Ruhm aber erreichte der Flughafen während der
Berliner Blockade, als 1948 die Amerikaner die Beschützer der
West-Berliner wurden. Ein Jahr lang versorgten sie unter Einsatz
ihres Lebens die West-Berliner Bevölkerung mit Lebensmitteln und
vor allem mit Kohlen und Brennstoffmaterial in einem der
kältesten Winter der Nachkriegszeit. Die Berliner verdanken der
amerikanischen Luftbrücke ihr Leben.
Aus dieser Zeit geht wohl der berühmteste Helfer der Luftbrücke
Oberst Gail Halverson hervor. Er war der Candy Man des
Rosinenbombers, der die Idee hatte, Süßigkeiten an selbst
gebastelten kleinen Fallschirmen aus dem Flugzeug auf die
Bevölkerung abzuwerfen. Oberst Gail Halverson hat heute noch
eine enge Beziehung zur Berliner Bevölkerung und wurde, oh
welche Schmach, nicht zur Abschiedsfeier eingeladen!!!
Das war ein Fußtritt an alle Helden der Berliner Luftbrücke. Am
12.Mai 1949 endete die Blockade und Berlin wird diese Veteranen
einer ersparten Hungersnot durch ihre Versorgungsflüge nie
vergessen. Nach der Blockade wurde der Flughafen Tempelhof bald
für die zivile Luftfahrt freigegeben.
Tempelhof wurde zur Drehscheibe der europäischen Luftfahrt. Für
Bürger, die Berlin nur über den Luftfahrtweg ohne Kontrolle der
DDR-Grenzer verlassen konnten, wurde sie ein Weg in die
Freiheit.
Die Flüchtlinge der DDR fanden so den Weg in die Freiheit des
Westens, politisch Verfolgte, denen es untersagt wurde, die
Transitstrecke zu benutzen, konnten Berlin über den Luftweg
verlassen. Hier fanden Austausche von Agenten statt,
Berühmtheiten aus aller Welt fanden den Weg ins geteilte Berlin
nur über den Luftweg.
In manchen Jahren wurden über 5 Millionen Fluggäste pro Jahr
abgefertigt und schon bald war die Kapazität der
Abfertigungshalle erreicht. Ein zweiter Flughafen in Berlin
Tegel wurde auf dem französischen Militärgelände gebaut. Er
wurde 1975 zum Hauptflughafen für Berlin.
Doch das Herz des Berliners schlug immer für Tempelhof. Hier
wurden viele Feste gefeiert, die unvergessenen Tage der offenen
Tür, veranstaltet von den Amerikanern, Japanisches Feuerwerk
wurde in den Himmel gezaubert und hier durften Flugzeuge
besichtigt werden, für jeden kleinen Berliner Steppke und Vater
ein großes Vergnügen.
Während London jetzt einen Flughafen in der Stadt baut, schließt
Berlin sein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude. Klaus
Wowereit erklärt seine Entscheidung zur Schließung des Flughafen
Tempelhof als ein Verlustbringer und er wolle Fluglärm für die
Anwohner vermeiden, doch ab 1. November kostet es den Berliner
Steuerzahler eine Million Euro Unkosten für das Leerstehen des
Flughafen Tempelhofs, die Lärmbelästigung ist nur eine
Umverteilung nach Brandenburg, auch dort gibt es Anwohner.
Die größte Befürchtung ist aber, dass es für kleine Maschinen
schwer werden wird, auf dem neu entstehenden BBI Flughafen in
Schönefeld landen zu können, weil die großen Maschinen viel Raum
brauchen. Und schon jetzt benötigen die Bauherren für das
Ausbauen des neuen Flughafens viele Millionen mehr als
veranschlagt wurde.
Wenn in wenigen Jahren der Flughafen Tegel auch noch geschlossen
wird, hat die Weltstadt Berlin keinen Flughafen mehr, denn der
neue BBI Flughafen Schönefeld liegt in Brandenburg, bei Berlin.
So wird aus einer Weltstadt ein Provinznest.
Am 30. Oktober 2008 um 22.17 Uhr stieg die letzte
Passagiermaschine, eine C9 1569 mit 30 Fluggästen auf dem
Flughafen Tempelhof in die verregneten Wolken Richtung Mannheim.
Kurz vor Mitternacht starteten die legendäre JU 52 mit einem
wehmütigen Flug Kapitän Bonzmann in den Himmel auf nimmer
Wiedersehen und als letztes startete der Rosinenbomber, er
wackelte in der Luft und machte noch einmal Winke, Winke mit
seinen Flügeln.
Auf dem Flugfeld steht das zurückgebliebene Flugpersonal mit
einem Banner in der Hand ausgebreitet "Tempelhof lebt, Wowereit
fliegt". Vor den Toren des Flughafens stehen immer noch viele
Bürger, sie haben Kerzen angezündet und tragen ihren geliebten
Zentralflughafen Tempelhof zu Grabe. Welch ein trauriger Tag für
Westberlin. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit
sagte in seiner Abschiedsrede für den Flughafen, "Nostalgie kann
kein Gefühl sein, dass uns in die Zukunft trägt."
Er und der Berliner Senat haben es während seiner Amtszeit
geschafft, einige Theater im Westteil der Stadt zu schließen,
mal sehen, was er als nächsten Geniestreich vorhat. Vielleicht
das Wahrzeichen von Berlin, den Funkturm? Der Berliner Zoo war
ja auch schon einmal im Gespräch.
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